Seltene Berufe

Der einzige zertifizierte LEGO-Modellbauer in Deutschland und eine Geigenbauerin erzählen über ihre unüblichen Berufe
FOTOS: PIXABAY & PHORMS EDUCATION SE | 2017/2

 

René Hoffmeister, zertifizierter LEGO-Modellbauer

„Mit LEGO bauen ist wie Malen: kreativ und entspannend“


Angefangen mit LEGO zu bauen habe ich schon in meiner Jugend. 1999 gründete ich das Forum www.1000steine.de – eine Plattform für den kommunikativen Austausch privater LEGO-Fans und den An- und Verkauf von Einzelteilen. Ich habe unter­schiedliche LEGO-Sets gekauft und in der Garage meiner Eltern zerlegt, um dann die Einzelteile zu verkaufen. Zu diesem Zeitpunkt war ich der Einzige, der das online angeboten hat. Ich war auch für ein Studium an einer Fernuni immatrikuliert, doch ich merkte schnell, dass mich die Arbeit mit LEGO und die Selbstständigkeit mehr reizten. 2001 erhielt ich dann einen großen Auftrag: Eine Firma wollte, dass ich einen Schrittmotor aus LEGO für eine Messe zusammenbaue. Danach folgten mehrere solcher Anfragen und sieben Jahre später schloss ich mit LEGO einen Vertrag ab, was mich zu einem zertifizierten LEGO-Modellbauer machte. Von da an leitete mir die dänische Firma LEGO Bauanfragen von Museen, Einkaufszentren oder Firmen weiter.

2009 gründete ich dann meine Firma „Design in Stein“. Die Arbeit wurde zum Selbstläufer, sodass ich bis heute weder eine Ausbildung noch ein abgeschlossenes Studium habe. Ich denke, dass es für diese Art von Beruf nicht reicht, nur Lust aufs LEGO-Bauen zu haben. Man muss schon ein gewisses Talent, Fantasie, räumliches Vorstellungs­vermögen, mathematische Fähigkeiten und Geduld mitbringen. Wir bauen ja nichts nach Anleitung und dürfen die Steine auch nicht verändern.  Pro Jahr arbeiten wir an 60 bis 70 Projekten. Zu den besonderen Aufträgen zählen bislang eine komplette Autohälfte aus LEGO für die Marke Porsche, die beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans ausgestellt wurde, sowie eine große Star-Wars-Spieluhr. Das gefällt mir an meinem Job: das Zusammenbauen, Ausprobieren und Kreativ sein, denn jedes Vorhaben ist anders.

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Janine Wildhage, Geigenbauerin

„Man darf mit Klang nicht so stur umgehen“ 

Die Entscheidung, Geigenbauerin zu werden, fiel eigentlich eher zufällig mit 19 Jahren. Ich habe nach dem Abitur erstmal Verschiedenes ausprobiert – gerade wenn man jung ist, steht man vor der Herausforderung, zu überlegen, wo es hingehen soll. Durch ein Praktikum entschloss ich mich dazu, an der Geigenbauschule Scuola Internazionale di Liuteria im italienischen Cremona zu lernen. In Berlin habe ich dann meine Ausbildung beendet und ging für eine Weile nach New York und Paris. Schul- oder Arbeitserfahrungen im Ausland sind empfehlenswert, um die unterschiedlichen Traditionen des Geigenbaus kennenzulernen und sich für das spätere Berufsleben ein internationales Netzwerk aufzubauen.

Mir persönlich haben die Auslandserfahrungen sehr viel Spaß gemacht, denn man lernt neben den Sprachen auch verschiedene Musikkulturen kennen. Dass man in diesem Beruf sehr viel Geduld haben muss, liegt besonders an den Restaurierungsarbeiten. Manchmal liegen Instrumente zwei bis drei Jahre in der Werkstatt, bis sie fertig sind. Holz reagiert auch nicht immer so, wie man es sich gerade wünscht. Neben der Arbeit mit Natur­materialien genieße ich an meiner Profession, dass man sich physisch betätigt und in Bewegung ist. Die Produktion eines Streichinstruments, etwas Greifbarem, ist für mich das Besondere an diesem Beruf. Die Kommunikation mit den Kunden ist auch nicht ohne, denn es ist schwer, über Klang zu reden. Es sind ja fast alles visuelle Worte, die wir benutzen, um Klang zu beschreiben. Doch durch die Arbeit mit den Musikern bekommt man mit der Zeit ein Gefühl dafür, was sie klanglich suchen. Klangempfinden ist so vielfältig, dass man als Geigenbauer nicht stur seinen Geschmack durchsetzen sollte. Genau diese Zusammenarbeit und kommunikative Seite schätze ich an meinem Beruf.


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