Ausbildung statt Studium?

Ein Interview mit Meike Al-Habash, Bereichsleiterin der Ausbildungsberatung der IHK-Berlin
FOTO: PHORMS EDUCATION SE | 2017/2

 

Bildungsthemen: Was sind die Vorteile einer Ausbildung?

Meike Al-Habash: Einer der größten Vorteile einer Ausbildung ist die enge Verbindung zwischen Theorie und Praxis. All das, was der Azubi theoretisch in der Berufsschule lernt, kann er praktisch im Unternehmen anwenden. Ein weiterer Vorteil ist die Vergütung, die jeder Azubi während der Ausbildung erhält. Diese ist nicht gleichzusetzen mit einem Gehalt, ist aber vor allem für junge Menschen, die selbstständiger werden wollen, sehr praktisch. Die Ausbildung kann auch ein erster Karriereschritt sein: Wenn ich eine Ausbildung als Fachkraft mache, kann ich, wenn ich Berufserfahrung gesammelt habe, noch mehr Qualifikationen erhalten. Diese Flexibilität ist also ein großer Vorteil – vor allem, wenn man noch nicht genau weiß, wo die Reise hingehen soll.

 

Was sind die Nachteile einer Ausbildung?

Angehende Azubis müssen sich für eine Stelle bewerben, Bewerbungsgespräche führen, sich wie jeder Arbeitnehmer den Gegebenheiten anpassen und zusätzlich die Schule besuchen. Diese Mischung von Praktischem und Theoretischem ist ein Aspekt, der für viele junge Menschen, die gerade die Schule verlassen haben, sehr anstrengend sein kann. Ein anderer Nachteil ist die recht starre Berufsorientierung: Wenn ich die Ausbildung für einen bestimmten Beruf beginne und merke, dass sie nicht zu mir passt, dann habe ich nur die Probezeit, um mich wirklich zu entscheiden.


Wie läuft der Alltag als Azubi ab?

Im Standardfall verbringt der Azubi drei Tage im Betrieb und zwei in der Berufsschule. Manchmal bietet die Berufsschule eine Woche Blockunterricht an und im Anschluss verbringt man drei Wochen im Monat im Unternehmen. Die Zusammensetzung variiert von einem Bundesgebiet und Beruf zum anderen. Eine Ausbildung dauert zwischen zwei und drei Jahren. Bei einem Bewerber mit Abitur kann die Ausbildung um ein halbes Jahr oder ein Jahr verkürzt werden.


Wo sucht man nach freien Ausbildungsplätzen?

Zum einen gibt es unterschiedliche Plattformen wie Messen oder Webseiten, auf denen freie Ausbildungsplätze vermittelt werden. Zum anderen gibt es sogenannte „Matching-Messen“. Wir bieten im Februar 2018 wieder eine an. Auf der Messe können die interessierten Personen die Unternehmen direkt kennenlernen und sich dort bewerben. Es gibt auch die direkte Bewerbung beim Unternehmen. Meistens haben die Firmen sogenannte Karriere-Webseiten, auf denen sie ihre derzeitigen Ausbildungsplätze ausschreiben. Dort bewirbt man sich mit einem Bewerbungsschreiben, seinem Lebenslauf und Zeugnissen von der Schule und vorherigen Praktika.


Haben Sie Tipps bezüglich der Bewerbung?

Das Anschreiben sollte immer einen Aspekt des Unternehmens aufnehmen. Warum? Weil wir alle gerne was Tolles über uns hören. Das gilt auch für Personaler oder Chefs eines Unternehmens. Auch vorherige Berufserfahrungen in anderen Branchen sollten im CV erwähnt werden. Wenn das Praktikum gar nicht zu diesem Beruf passt, dann haben die Bewerber die Tendenz, diese Info wegzulassen. Aber teilweise zeigen diese Tätigkeiten, welche sozialen Kompetenzen wie Teamfähigkeit oder Stressresistenz man bei diesem Job erworben hat.

 

Im Zeitalter der Digitalisierung entstehen immer mehr neue Berufe. Gibt es neue Ausbildungsberufe, die dadurch geschaffen werden?

Leider nicht so schnell, wie es neue Berufe gibt. Es soll aber Anfang nächsten Jahres (2018) einen neuen Beruf geben: Kaufmann im E-Commerce. Es ist ein Beruf, der nicht nur im Online-Einzelhandel oder -Großhandel ausgeübt werden kann, sondern in vielen Branchen, wie zum Beispiel im Tourismus.


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