„HOPPLA, JE PARLE FRANÇAIS“

Wer nicht eine Weile im Ausland lebt oder in einer mehrsprachigen Familie aufwächst, kann bei bestimmten Sprachreisen trotzdem immersiv eine Sprache lernen
FOTO: SILKE WEINSHEIMER | | 2016/1

 

„Kein Kind möchte in den Ferien gerne in den Unterricht, deswegen sind die Programme auch auf Spaß und Freizeit ausgerichtet“, sagt Lydia Kreyer, Gründerin von Edulingo Sprachreisen. Seit zehn Jahren berät und vermittelt sie Sprachreisen. „Die Kinder lernen immersiv die andere Sprache und mit dem aktiven Sprechen vor Ort bekommen sie ein besseres Sprachgefühl und wenden die Sprache intuitiver an“, sagt Kreyer über immersive Sprachreisen.

Die Sprachvermittlung findet in solchen Programmen über einen spielerischen Sprachunterricht statt. Das kann auch Leonie bestätigen. Die 14-Jährige nahm am französischen Camp „Le Noell“ teil. „In meinem Schulunterricht ist alles eher theoretisch und so richtig sprechen tut man da nicht“, sagt die Neuntklässlerin. Seit vier Jahren lernt sie in der Schule Französisch als dritte Fremdsprache. Das Camp „Le Noell“ befindet sich in Südfrankreich, dort wo die Grillen zirpen, Piniengeruch in der Luft schwebt und prächtige Olivenbäume wachsen. Da lässt es sich auch gleich angenehmer Französisch lernen.

Nach einem Einstufungstest am ersten Tag werden die die Schülerinnen und Schüler in Gruppen entsprechend ihrem Sprachniveau aufgeteilt. „Maximal acht Schüler sind in einer Gruppe und werden von französischen Muttersprachlern betreut“, erklärt Kreyer. Oft finden die Unterrichtsstunden draußen statt. „Nachmittags machen die Kinder Ausflüge in die umliegenden Ortschaften und bekommen dort kleine Aufgaben. Zum Beispiel: Gehe auf den Marktplatz und erfrage bestimmte Dinge bei den Händlern oder den Passanten“, sagt Kreyer. Auch Canyoning und Kajak stehen auf der Tagesordnung.

Organisiert wird die Reise von FIL – Français, Immersion, Loisirs. Wie es der Name schon verrät, sollen die die Schülerinnen und Schüler nach der Immersionsmethode in die Sprache eintauchen. Mindestens zehn Tage dauert das Sprachbad. Rund 50 Kinder aus unter - schiedlichen Ländern besuchen das Camp. Die Kinder haben nicht nur direkten Kontakt zu der französischen Sprache und Kultur, sondern auch zu Schülern aus England, Russland, Spanien und Frankreich. „Es gibt in dem Camp nur einen geringen Anteil an deutschen Schülern. Ich halte nichts von deutschen Gruppensprachreisen, in denen die Kinder in der Freizeit meistens Deutsch sprechen können“, sagt Kreyer. Die Schüler tauchen bei diesen Reisen nicht nur in die Sprache ein, sondern auch in die Landeskultur. Vor allem an das französische Essen kann sich Leonie sehr gut erinnern. „Franzosen haben eine starke Esskultur. Witzig fand ich, dass sie beim Frühstück immer Tee oder Kaffee aus Müslischüsseln trinken“, sagt die 14-Jährige. Die Reise hat ihr so gut gefallen, dass sie nächstes Jahr sogar zwei Sessions à zehn Tage hintereinander machen möchte.

Familie auf Zeit

Tim ist 13 Jahre alt und geht in die 8. Klasse. Seit anderthalb Jahren lernt er Französisch in der Schule. Wie Leonie will er sein Französisch verbessern und aktiv anwenden. Eine Alternative zu Gruppenreisen ist das Gastfamilien-Privatlehrer-Programm. Das Prinzip ist simpel: Ein Schüler wohnt für eine bestimmte Zeit bei einer Familie im Ausland und bekommt zusätzlich von einem Gastelternteil immersiven Sprachunterricht. Im April flog Tim nach Nizza, um eine Woche bei seiner französischen Gastfamilie zu leben. „Ich wurde in die Familie als drittes Kind eingegliedert und rundum versorgt“, sagt der 13-Jährige. Der Gastvater war auch sein Privatlehrer. „Am Anfang war es schon etwas schwierig, die Gespräche der Familie zu verstehen. Ich musste mich erst ein bisschen einhören“, erzählt Tim.

Insgesamt zehn Unterrichtsstunden hatte er mit seinem „Gastvaterlehrer“ gebucht – das alles immersiv. „Mein Gastvater konnte selbst kein Deutsch, also zeigte er mir die Dinge oder mimte etwas, wenn ich es nicht verstand“, sagt Tim. Die Privatlehrer in den Familien sind selbst Pädagogen. „Alle Lehrer verfügen über ein anerkanntes Lehrerdiplom, einen Hochschulabschluss oder einen vergleichbaren Abschluss“, erklärt Kreyer. In Tims Fall ist der Vater ein Ingenieur in Rente, der in seiner Freizeit gerne die französische Sprache unterrichtet und eine zusätzliche Ausbildung absolvierte.

Ob ein Schüler sich auf eine Sprachprüfung vorbereiten möchte, ein Auslandsjahr plant oder aus Spaß eine weitere Sprache lernen möchte – jeder Schüler hat andere Wünsche und Anforderungen an die Familie und an das Programm. Die Organisation HLI - Home Language International bietet deshalb ein Portfolio, aus dem der Schüler sich seine eigene Gastfamilie aussuchen kann. „Das Schöne eben an diesem Einzelunterricht-Programm ist, dass der Lehrer sich auf den Schüler und seine Ziele einstellen kann. Der Unterricht ist sehr individuell gestaltet“, so Kreyer. Während seiner Woche in der Provence unternahm Tim auch Ausflüge mit der Familie und entdeckte die französische Südküste. „Die Eltern hatten immer Geheimtipps, so dass wir nie zu den riesigen Touristenstränden mussten, sondern immer an idyllischen Orten landeten“, erinnert sich der 13-Jährige. Nachdem Tims kleiner Bruder von diesen vielen Erlebnissen gehört hat, will nun auch er nächstes Jahr der Gastfamilie in Südfrankreich einen Besuch abstatten.

Egal ob Englisch, Französisch oder Spanisch, egal ob Europa, Amerika oder Asien – ein Sprachkurs im Ausland bietet ein spannendes Abenteuer. Sprachreisen sind aber nicht nur für Kinder, die schon einmal Kontakt mit der Sprache hatten. „Vom blutigen Anfänger bis hin zum ‚Beinahprofi‘ – Sprachreisen sind an das Niveau der Schülerinnen und Schüler angepasst, vor allem wenn sie immersiv sind“, sagt Kreyer.

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Um in die unübersichtliche Sprachreisenlandschaft etwas Licht zu bringen, gründete Lydia Kreyer 2013 die Reiseagentur „Edulingo Sprachreisen“. Edulingo berät Interessenten zu verschiedenen Sprachreisen und vermittelt zwischen den Reiseagenturen und dem Sprachschüler. Die internationalen Reisen wenden sich an Kinder ab sieben Jahren.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.edulingo.de


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