Daten sind die neue Währung

Das „Internet to go“ ist unser ständiger Begleiter. Mobile internetfähige Geräte gehören längst zu unserem Alltag. Vor allem die junge Generation ist permanent online. Sollen oder dürfen Kinder das Internet nutzen?
AUTOR: JOANNA SCHMÖLZ | FOTO: SILKE WEINSHEIMER | 2015/2

 

Diese Frage ist von der Realität längst beantwortet. Die Gesellschaft braucht stattdessen einen neuen Blickwinkel. Aber welche Kompetenzen braucht die nachwachsende Generation, um sich in der digitalisierten Welt zurechtzufinden?

Der Nutzer muss auf jeden Fall wissen, was beim Einsatz mobiler Geräte überhaupt abläuft. Smartphones sind beispielsweise besonders fleißige, heimliche Datensammler. Häufig vom Nutzer unbemerkt, melden sie zum Teil persönliche Informationen an die Hersteller.

Die Entwicklung hat hier für ein spezielles Problem gesorgt. Auf der einen Seite entsprechen die Möglichkeiten der modernen Geräte den Wünschen vieler Nutzer. Andererseits werden sie dadurch quasi überwacht und zum Analysegegenstand. Ohne eigenes Zutun sind sie Lieferanten von Daten, mit denen andere Geld verdienen.

Unabhängig davon, ob man diese Praxis gut oder schlecht findet, sollte wenigstens Transparenz darüber herrschen, was im Hintergrund passiert und welchen Einfluss man als Nutzer dieser Geräte hat. Grundsätzlich sollte sich jeder darüber im Klaren sein, dass er die vielfältigen Möglichkeiten mobiler Geräte mit persönlichen Angaben bezahlt. Die globale Währung in der Smartphone-Ökonomie sind Daten.

Im Rahmen der DIVSI-Studie „Wissenswertes über den Umgang mit Smartphones“ wurden die vier meistgenutzten Betriebssysteme für Smartphones auf dem deutschen Markt überprüft: Android, iOS, BlackBerry und Windows Phone. Die Studie zeigt: Die Betriebssysteme sammeln in erheblichem Umfang Nutzungs- und Diagnosedaten. Insbesondere durch Ortungsdienste und Sprachsteuerungen erfahren die Hersteller immer mehr über die Nutzer.

Die Untersuchung macht deutlich, dass gerade Smartphones dazu geeignet sind, ihre Nutzer zu „verraten“. Sie erkennen Vorlieben und Gewohnheiten, melden diese teils unbemerkt weiter und gestatten es den Unternehmen auf diese Weise, genaue Profile zu erstellen. Dies wird umso einfacher, da die Geräte praktisch permanent online sind.

Nutzer sollten auch wissen: Wenn man sich ein neues Handy zulegt, ist das Betriebssystem, noch bevor man das erste Telefonat führt, schon aktiv. Die Geräte stellen sofort automatisch nach der Inbetriebnahme eine erstaunliche Anzahl von Netzwerkverbindungen mit verschiedenen Servern im Internet her. Der Nutzer kann sich dagegen nicht wehren und erkennt den Vorgang meist gar nicht.

Unklar bleibt auch, wo gewonnene Daten gespeichert werden. Der Handynutzer erfährt das konkret bei keinem Betriebssystem. Die Datenschutzerklärungen der Hersteller weisen lediglich darauf hin, dass die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten in zahlreichen Ländern auf der ganzen Welt erfolgen kann.

Auch ein sorgfältiges Studium der Herstellerangaben macht kaum schlauer. Die Datenschutzbestimmungen sind insgesamt sehr ähnlich und bieten Interpretationsspielraum. Stimmt der Nutzer zu, gestattet er damit meist auch, dass Hersteller die Daten zur Bereitstellung und Verbesserung ihrer Dienste verwenden und auch an Partner weitergeben dürfen.

Die User stecken in einem Zwiespalt. Häufig wägen sie zwischen Nutzen und Risiko ab – und geben oft der Bequemlichkeit den Vorzug. Resignation sorgt in vielen Fällen für den (vor)schnellen Klick auf Okay, da die Texte insgesamt schwer zu verstehen und höchst umfangreich sind. Manche Datenschutz bestimmungen haben den Zeichenumfang des deutschen Grundgesetzbuches.

Häufig spielt auch blindes Vertrauen eine entscheidende Rolle, nach dem Motto: Das wird schon gut gehen. Welche Konsequenzen diese Haltung haben kann, führte die Firma F-Secure vor. Die Firma, die Lösungen für Online-Sicherheit anbietet, stellte in einem Versuch ein kostenloses WLAN in einem öffentlichen Raum zur Verfügung. Dafür mussten die User lediglich die Nutzungsbedingungen mit Okay akzeptieren. Gelesen hatte diese Bedingungen offensichtlich niemand, alle klickten auf Okay. Sie stimmten damit zu, das erstgeborene Kind in die Dienste von F-Secure zu stellen – genau das stand nämlich in den Nutzungsbedingungen.

Bei der gesamten Thematik ist erstaunlicherweise ein paradoxes Verhalten zu beobachten. Zum einen wünschen sich Nutzer mehr Durchblick und damit letztlich persönliche Sicherheit. Zum anderen aber bevorzugen sie eindeutig kostenlose OnlineAngebote.

Aus der aktuellen DIVSI-Studie „Daten – Ware und Währung“ geht hervor: 76 Prozent der User greifen ausschließlich oder vor allem auf Angebote zurück, für die nicht bezahlt werden muss. 75 Prozent der Befragten sind sich allerdings auch der Tatsache bewusst, dass sie für diese vermeintlich kostenlosen Online-Angebote in der Regel mit ihren persönlichen Daten bezahlen.

Was bleibt also? Zurück in die analoge Zukunft, ein Comeback von Block und Bleistift? Das ist selbst in der Theorie kaum noch realistisch. Das Internet ist kein Boom, der vorübergehen wird. Im Gegenteil. Unsere Welt wird von Tag zu Tag vernetzter. Irgendwann – vermutlich in nicht allzu ferner Zukunft – hängt alles mit allem und jeder mit jedem zusammen.

Weil diese Entwicklung mit höchster Wahrscheinlichkeit kommen wird, sollten wir vielleicht eine Art gesellschaftliches Bündnis schließen. Eines, bei dem jeder Einzelne ein Stück Verantwortung für eine freie und sichere digitale Welt übernimmt.

Die Politik, indem sie den geeigneten Rahmen schafft. Die Wirtschaft, indem sie angemessene Angebote für die unterschiedlichen Sicherheitsbedürfnisse der Menschen offeriert. Und auch der Nutzer selbst ist gefordert. Er muss seine Wünsche und Vorstellungen artikulieren und adressieren. Er muss sich fragen, in welcher digitalen Zukunft er leben will – und diese aktiv mitgestalten.

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Joanna Schmölz ist stellvertretende Direktorin des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet – DiVSi. Das Institut setzt sich als Ziel, einen transparenten Dialog zum Thema Daten und Internetnutzung zu gestalten und mit neuen Aspekten zu beleben.

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Das Wichtigste zum Umgang mit Smartphones 

Worauf muss ich beim Download von Apps achten?

Mit dem Download von Drittanbieter-Apps gelten für deren Nutzung die Datenschutzbestimmungen des jeweiligen App-Anbieters. Das bedeutet, dass Nutzer die Software von Dritten auf ihrem Endgerät installieren und dieser vertrauen müssen. Dabei können Nutzer oft nur schwer erkennen, wie eine App arbeitet und auf welche Daten sie tatsächlich zugreift. Die großen App-Stores der Betriebssysteme setzen Sicherheitsmechanismen ein, um Schwachstellen oder Verstöße gegen herstellereigene Richtlinien aufzudecken.

Wie kann ich Zugriffsrechte für Dritt-Apps erkennen und verwalten?

Oft muss schon bei der installation einer App entschieden werden, auf welche Daten die App im Betrieb zugreifen darf. Die Funktionalität von Apps kann bei allen Betriebssystemen eingeschränkt sein.

Kann ich einmal eingestellte Zugriffsrechte auf meine Daten wieder Rückgängig machen?

Bei BlackBerry und iOS lassen sich nachträglich Zugriffsberechtigungen wieder entziehen (oder erlauben). Bei einem unveränderten Android- oder Windows–PhoneSystem ist dies nicht möglich.

Kann ich erkennen, auf welche meiner Daten die installierten Apps auf meinem Smartphone wann zugegriffen haben?

Bei keinem Betriebssystem ist dies vollständig möglich. Eine Ausnahme stellen GPS-Standortdaten dar. Hier zeigen Android und iOS, welche Apps zuletzt auf diese Daten zugegriffen haben.

Quelle: DIVSI-Studie „Wissenswertes über den Umgang mit Smartphones“. Analyse der in Deutschland meistverbreiteten mobilen Betriebssysteme Android, BlackBerry, iOS und Windows Phone


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