Grundschullehrer am Phorms Campus Frankfurt City: „Kinder müssen nicht immer die richtige Antwort parat haben“

Nickolas Praulins kommt aus Australien und ist Grundschullehrer auf dem Phorms Campus Frankfurt City
COLLAGE: MARTIN O'NEILL | 2017/1

 

Was hast du gemacht, bevor du bei Phorms warst?

Ich habe in Australien meinen Bachelor of Education abgeschlossen und in Adelaide und Melbourne fünf Jahre lang in einer Grundschule unterrichtet, bevor ich weitere fünf Jahre in Südafrika als Lehrer, Curriculum Koordinator und Content Designer in Bezug auf pädagogische Inhalte tätig war. Danach entschied ich mich für eine Lehrpause und zog nach Frankfurt, wo ich Manager des Wall Street English Office war. Während dieses Jahres habe ich gemerkt, wie sehr mir das Lehrerdasein, die Schüler und vor allem dieses Gemeinschaftsgefühl, das an einer Schule so einzigartig ist, fehlen. Seit 2016 bin ich Klassenlehrer einer vierten Klasse am Phorms Campus Frankfurt City. Dort unterrichte ich alle Fächer auf Englisch, außer das Fach Deutsch, das von einem Deutschlehrer gelehrt wird.


Lässt du bestimmte Methoden, die du in Australien oder Südafrika gelernt hast, in den Unterricht einfließen lässt?

Ja, auf jeden Fall. In Australien habe ich viele pädagogische Methoden aus UK, Neuseeland, den USA und Finnland betrachtet und angewendet. Was mich sehr geprägt hat, ist die Reggio-Pädagogik, die in einer Schule in Melbourne, in der ich tätig war, eingesetzt wurde. Bei diesem Konzept ist es wichtig, dass die Pädagogen mit den Stärken und nicht gegen die Schwächen der Kinder arbeiten. Dabei sind die Lernumgebung und die Ausstattung des Klassenraumes maßgeblich, denn diese sollen die natürliche Neugierde der Kinder fördern. Ich finde diese Unterrichtsweise sehr spannend, denn so lernen die Kinder, weil sie wollen und nicht, weil sie müssen.


Gibt es besondere pädagogische Konzepte, die du im Unterrichtsalltag anwendest?

Ich bin sehr daran interessiert, sogenannte „Thinking skills“ bei den Kindern zu fördern. Dabei geht es nicht unbedingt darum, die richtige Antwort parat zu haben, sondern vielmehr um den Prozess des Lernens selbst. Um dies zu fördern, haben wir ein MINT-Programm eingeführt (mehr dazu auf Seite 25). Außerdem setze ich die „6 Thinking hats“ -Strategie ein, die auch bei der Aufgabenorganisation in Schulen und Unternehmen verwendet wird. Stößt man auf ein Problem, soll man zu seiner Lösung einen der sechs verschiedenen Denker-Hüte aufsetzen, die alle unterschiedliche Farben und Bedeutungen haben: Rot repräsentiert emotionales Denken, der weiße Hut steht für den Umgang mit Fakten, Schwarz bezieht sich auf kritisches Denken und Gelb auf optimistisches. Mit dem grünen Hut versucht man das Problem mit kreativen Ideen zu lösen und mit dem blauen Hut kontrolliert und organisiert man gedanklich den gesamten Denkprozess. Die Kinder sehen also ein Problem und ich sage ihnen, mit welchem Hut und somit mit welcher Denkweise sie an das Problem herantreten können. Die Kinder merken, dass man je nach Situation manchmal umdenken muss. Wir verwenden auch sogenannte „Thinking maps“ von Dr. David Hyerle, die den Kindern dabei helfen, ihre Lösung und Argumentation zu visualisieren und zu organisieren. In meinem Unterricht dreht sich also sehr viel um Teamwork: Die Kinder brainstormen und strukturieren ihre Ideen, um dann gemeinsam eine Lösung zu finden. Ich finde, es ist eine unserer größten Aufgaben als Lehrer, den Kindern beizubringen, dass sie nicht unbedingt zustimmen, aber immer die Meinung des anderen respektieren müssen.


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