Von Kamasutra zu Fußball

Justus ist 17 Jahre alt und besucht die 11. Klasse auf dem Phorms Campus Berlin Süd. Er berichtet, wie locker ein Workshop zur sexuellen Aufklärung verlaufen ist. Viel Spaß beim Lesen!
Autor: Justus | Foto: Michael Prewett/unsplash | 2019/2

Wer in den vergangenen Wochen mal einen Fuß auf den Phorms Campus Berlin Süd gesetzt hat, dem mag die ein oder andere Schülergruppe mit Kondomen und Vulva-Aufklebern über den Weg gelaufen sein. Für manche war das vielleicht ein ungewohnter Anblick. Doch spätestens, nachdem man zu so einer Gruppe gehört hatte, wusste man, was hier vor sich geht. Von der siebten bis zur zwölften Klasse nahmen in letzter Zeit alle Schülerinnen und Schüler an einem Workshop zur sexuellen Bildung teil. Geleitet wurde er vom BiKoBerlin-Team. BiKoBerlin besteht aus den Sexualpädagogen Agi Malach und David Schulz. Zusammen bieten sie Workshops, Fort- und Weiterbildungen sowie Elternabende an, die sich rund ums Thema sexuelle Bildung drehen.

Schon die kurze Vorstellungsrunde war unterhaltsamer als das typische Name-Alter-Hobby-Ding und vermittelte den Eindruck, dass dies nicht wieder Aufklärungsunterricht wird, wie man ihn seit der Grundschule kennt. Danach wurden wir mit den Regeln des Workshops vertraut gemacht. Erstens wurde aufs Siezen verzichtet. Zweitens gab es keine Tabuwörter, solange man niemanden verletzte. Und drittens durften alle den Raum verlassen, wenn sie bestimmte Themen nicht interessierten oder sie sich dabei unwohl fühlten. Diese Kleinigkeiten schafften im Laufe des Workshops eine unglaublich entspannte und offene Atmosphäre, als ob man sich mit seinen Freunden austauschen würde. Das Duzen machte die Beziehung zu Agi und David viel persönlicher. Die Kommunikation war auch einfacher, weil man nicht bei jedem zweiten Wort überlegen musste, ob es das Richtige ist, und niemand zum Bleiben gezwungen wurde – wobei die Zahl an desinteressierten Jugendlichen ja generell eher gering ist, wenn es um Sex geht. Wenn es doch auch sonst in der Schule so einfach wäre …

Während des gesamten Workshops schafften es Agi und David, uns einzubeziehen und auf alle möglichen Arten Informationen zu vermitteln, zum Beispiel mithilfe von Holz- und Stoffmodellen von Penissen und Vulven. Durch eine simple Wortsammlung am Whiteboard gelangten wir von Begriffen wie Kamasutra und Pornografie irgendwie zu Werbung und Fußball. Mindmaps zum Thema Sexualität führten uns zu unserer eigenen kleinen Version der aktuell sehr kontroversen Gender-Debatte.

Kurz vor Ende des Workshops konnten wir entweder zu David in die »Jungsgruppe« gehen oder Agis »Mädchengruppe« beitreten. Obwohl wir ein paar Minuten zuvor noch hitzig über die Existenz vieler verschiedener Geschlechter diskutiert hatten, fiel die Verteilung hier ziemlich deutlich aus. In der »Jungsgruppe« hatten wir dann die Möglichkeit, anonym Fragen zu stellen, die wir in Anwesenheit des anderen Geschlechts vielleicht nicht gestellt hätten. Zur Feier des Tages demonstrierte uns David, was passieren kann, wenn man fetthaltige Cremes wie Vaseline auf einen Kondomballon aufträgt. Solche Cremes werden oft fälschlicherweise als Gleitmittel benutzt. Eins kann ich euch sagen: Macht es nicht!

Zum Schluss wurden wir mit Gratiskondomen belohnt und liefen auf dem Phorms Campus Berlin Süd dem einen oder anderen verwirrten Gast über den Weg.


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Karina ist elf Jahre alt und besucht die 6. Klasse auf dem Phorms Campus Berlin Mitte. Als Ende März der Meeresbiologe, Forschungstaucher, Umweltschützer, Fotograf und Kameramann Robert Marc Lehmann am Campus einen mitreißenden Vortrag hielt, war Karina begeistert und durfte ihn anschließend interviewen. Viel Spaß beim Lesen!
2019/1
Autor: Karina | Foto: unsplash.com/Ishan @seefromthesky